Sozialgerichte Brandenburgs - Bilanz 2017
- Erschienen am - PresemitteilungBrandenburger Sozialgerichte mit immensem Altfallproblem: Fast 5.000 unerledigte Verfahren älter als drei Jahre.
Die Jahresbilanz der vier Brandenburger Sozialgerichte für 2017 fällt besorgniserregend aus. Gleichwohl sei vorangestellt: Der seit einigen Jahren zu verzeichnende Trend abnehmender Eingangszahlen ist erfreulich. So gingen im abgelaufenen Jahr 2017 mit 17.647 neuen Klagen und Eilanträgen (darunter 9.172 aus dem Bereich der Grundsicherung für Arbeitsuchende, „Hartz IV“) erneut weniger neue Verfahren ein als im Vorjahr (zu den Einzelheiten vgl. die Grafik im Anhang). Zurückzuführen ist das u.a. auf die mittlerweile konsolidierte Rechtsprechung der Obergerichte zu vielen Detailproblemen der Grundsicherung für Arbeitsuchende. Mit 18.698 Verfahren wurden wiederum mehr Streitsachen erledigt als Neueingänge hinzukamen. Die Menge der am Jahresende offenen Streitsachen hat sich dadurch weiter leicht verringert: Waren am 31. Dezember 2016 noch 31.776 Verfahren unerledigt, waren es am 31. Dezember 2017 noch 30.725 Verfahren. Der Blick auf die immer noch sehr hohen Bestandszahlen, also den Berg unerledigter Verfahren, zeigt aber ein gravierendes strukturelles Problem der Brandenburger Sozialgerichte auf: Die vier Gerichte müssten etwa ein Jahr und acht Monate schließen und ausschließlich bis zum 31. Dezember 2017 eingegangene Verfahren bearbeiten, um den gesamten derzeitigen Aktenberg abzutragen. Ein anderer Blickwinkel zeigt, wie besorgniserregend die Geschäftslage ist: Von den 30.725 am 31. Dezember 2017 unerledigten Streitsachen sind 4.911 vor dem 1. Januar 2015 eingegangen und damit älter als drei Jahre: Sozialgericht Unerledigte Bestände am 1. Januar 2018 Davon eingegangen vor dem 1. Januar 2015 Cottbus 8.870 1.657 = 18,7 % Frankfurt (Oder) 8.112 1.873 = 23,0 % Neuruppin 6.626 1006 = 15,2 % Potsdam 7.117 375 = 5,3 % Summe 30.725 4.911 = 16,0 % Es handelt sich durchweg um individuell bedeutsame Verfahren mit sozialversicherungsrechtlichem Bezug, also etwa aus dem Bereich des Renten- und des Krankenversicherungsrechts, aber auch um solche aus dem Bereich der Grundsicherung für Arbeitsuchende. Potsdam, 30. Januar 2018 LSG Berlin-Brandenburg, Försterweg 2-6, 14482 Potsdam - 2 - Nachlässige Arbeitsweise müssen sich die Brandenburger Sozialrichterinnen und -richter nicht vorhalten lassen: Im Durchschnitt entfallen auf jede richterliche Arbeitskraft etwa 480 unerledigte Fälle, das sind etwa 100 mehr als im Bundesdurchschnitt; zugleich bewegt sich die Erledigungsquote der Brandenburger Sozialrichterinnen und -richter (auf der Grundlage der Daten für 2016) im Bundesdurchschnitt. Mit Sorge beobachtet die Präsidentin des Landessozialgerichts, Sabine Schudoma, die Personalentwicklung an den vier Brandenburger Sozialgerichten. Bemühungen, die Anzahl der richterlichen Arbeitskräfte wenigstens auf stabilem Niveau zu erhalten, sind erfolglos geblieben. Waren am 1. Januar 2015 noch 76,6 richterliche Arbeitskräfte vor Ort an den Sozialgerichten tätig, waren es am 1. Januar 2018 rechnerisch nur noch 66,8, was einer Reduzierung um fast 10 Arbeitskräfte (12,8 Prozent) entspricht. Die Präsidentin des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg erneuert hiermit zusammen mit den Direktoren der vier Brandenburger Sozialgerichte nachdrücklich ihre Forderung an die zuständigen Regierungsstellen und an den Haushaltsgesetzgeber, die Personalausstattung der Sozialgerichtsbarkeit zeitnah und nachhaltig zu verbessern, damit die Gerichte dem verfassungsrechtlichen Gebot zeitnahen Rechtsschutzes Rechnung tragen können. Nur mit spürbarer Personalverstärkung ist ein Abbau der hohen Altbestände in überschaubarem Zeitraum zu bewerkstelligen.
Info:
Das im Jahre 2005 errichtete Landessozialgericht in Potsdam hat die Stellung eines gemeinsamen Obergerichts der Länder Berlin und Brandenburg. Es ist zuständig für die Entscheidung über Beschwerden und Berufungen gegen Urteile und Beschlüsse der erstinstanzlichen Sozialgerichte. Seit dem 1. Januar 2014 war die Präsidentenstelle für drei Jahre und sieben Monate vakant. Sabine Schudoma, vormals Präsidentin des Sozialgerichts Berlin, wurde am 4. August 2017 zur Präsidentin des Landessozialgerichts ernannt. Am 19. Januar 2018 wurde Sabine Schudoma im Rahmen eines Festakts in der Brandenburger Staatskanzlei feierlich in ihr Amt eingeführt. Auszüge ihrer aus diesem Anlass gehaltenen Rede finden Sie auf der Internetseite des Landessozialgerichts als Anhang zu dieser Pressemitteilung:
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