Toolbar-Menü

Mediationsgesetz übergeht langjährige Erfahrung der Fachgerichtsbarkeit - Güterichtermodell an Sozialgerichten kein Fortschritt

- Erschienen am 30.01.2012 - Pressemitteilung 20120130

Die Präsidentinnen und Präsidenten der Landessozialgerichte bedauern, dass der Gesetzgeber die gerichtsinterne Mediation durch das Güterichtermodell ersetzen will. Der Entwurf eines Mediationsgesetzes, den der Bundestag am 15.12.2011 verabschiedet hatte, lässt die langjährigen bundesweiten Erfahrungen der Sozialgerichte unbeachtet und führt mit dem Güterichter ein Modell ein, das für die Fachgerichte unzureichend ist.

Der im Januar 2011 vorgestellte Entwurf eines Mediationsgesetzes hatte ausdrücklich eine Regelung der gerichtsinternen Mediation enthalten. Diese hatte sich an den Sozialgerichten fast aller Bundesländer nach Modellphasen über Jahre hinweg bewährt und als probates Mittel der dauerhaften Streitbeilegung etabliert. Der Gesetzentwurf, den der Bundestag am 15.12.2011 verabschiedet hat, übergeht jedoch diese Erfahrungswerte zugunsten des nur in zwei Bundesländern praktizierten „Güterichtermodells“. Mit diesem Modell sollen „streitschlichtende Kompetenzen weiterentwickelt“ sowie einvernehmliche Streitbeilegung, Schlichtung und kommunikative Verhandlungsführung erweitert werden.

Im Sozialgerichtsgesetz ist seit jeher der Erörterungstermin verankert. Dort führt die ohnehin unabdingbare kommunikative und soziale Kompetenz des gesetzlichen Richters regelmäßig zu unstreitigen Erledigungen auch fast auswegloser Fälle. Die Mediation hingegen verzichtet auf das Ansehenspotential des Gerichtes. Sie gibt in einem nach innerer Logik strukturierten Vorgehen den Prozessbeteiligten ihre Konfliktverantwortung zurück. Darin liegen die wesentlichen Unterschiede zur hergebrachten Güteverhandlung, darin liegt die Stärke der Mediation und dies ist der Grund für die Dauerhaftigkeit der Mediationsvereinbarungen.

Mit Bedauern sehen daher die Präsidentinnen und Präsidenten der Landessozialgerichte, dass das Güterichtermodell droht, die bewährten Konturen der Mediation zu verwischen und damit ihre nachgewiesenen Stärken zu verwässern. Es ist auch nicht erkennbar, warum der Gesetzgeber, der die Mediation ausdrücklich stärken will, diese auch in der Sozialgerichtsbarkeit in das Güterichtermodell überführen will. In den sozialgerichtlichen Verfahren hat sich die außergerichtliche Mediation durch die Anwaltschaft nämlich nicht etabliert, was  wesentlich durch die Verfahrensbesonderheiten des Sozialgerichtsgesetzes begründet ist.

Auch sind sozialgerichtliche Verfahren grundsätzlich kostenfrei, ein Großteil der Beteiligten wie insbesondere Hartz-IV-Empfänger werden die Kosten einer außergerichtlichen Mediation nicht aufbringen können. Für sie wie für andere Sozialleistungsempfänger besäße das Wort Geltung: „Weil du arm bist kommst du nicht zur Mediation“.

Die Sozialgerichte der Bundesrepublik werden es sich längerfristig nicht leisten können, auf die Mediation als international anerkanntes und bewährtes Verfahren zu verzichten. Die Präsidentinnen und Präsidenten der Landessozialgerichte sehen es deshalb mit großem Bedauern, wenn das Gesetzgebungsverfahren den auf langjähriger Erfahrung aufbauenden Weg der gerichtsinternen Mediation verlässt zugunsten eines konturlosen Modells.

Für Rückfragen:

Stephan Rittweger Referent für Presse- und Medienarbeit

Vorsitzender Richter am Bayer. Landessozialgericht

Ludwigstr. 15

80539 München

www.lsg.bayern.de

Tel: 089/2367- 320

presse@lsg.bayern.de