Monika Paulat anlässlich des Pressegesprächs am 21. Juni 2010
- Erschienen am - PresemitteilungMonika Paulat hat im Rahmen eines Pressegesprächs 21. Juni 2010 zur aktuellen Lage der Sozialgerichtsbarkeit in Berlin und Brandenburg erklärt:
Die Belastung der Sozialgerichtsbarkeit in Brandenburg ist weiterhin hoch.
Bei den Sozialgerichten Potsdam, Neuruppin, Frankfurt (Oder) und Cottbus werden wie im Jahre 2009 auch im Jahre 2010 insgesamt ca. 20.000 neue Verfahren eingehen; den Großteil hiervon machen Streitigkeiten im Bereich „Hartz IV“ aus. Bei im Jahre 2010 erwartetem leichtem Eingangsrückgang bei dem Landessozialgericht in Potsdam bewegen sich auch dort die Eingänge von Berufungen und Beschwerden nach wie vor auf hohem Niveau.
Dramatisch ist die Lage bei dem Sozialgericht Berlin, das am 18. Juni 2010 seinen 100.000ten Hartz IV-Fall verzeichnen konnte. Hier werden die Eingangszahlen von rund 39.000 im Jahr 2009 noch einmal steigen auf rund 44.000 im Jahr 2010. Im Hartz IV-Bereich betrug die Steigerung von Januar bis Mai 2010 gegenüber dem Vorjahreszeitraum sage und schreibe rund 35 %.
Das Sozialgericht Berlin hat seine Richterzahl im Laufe der letzten fünf Jahre verdoppelt auf 110 Richterinnen und Richter (Stand 1. Januar 2010) und noch einmal auf 123 Richterinnen und Richter am 15. Juni 2010. Es ist damit das mit Abstand größte und (gemessen am Alter der Richterschaft) wohl auch jüngste Sozialgericht Deutschlands.
Angesichts der gewachsenen personellen Ausstattung konnte das Sozialgericht Berlin die durchschnittliche Verfahrensdauer im Griff behalten (12,7 Monate pro Klage, 1,25 Monate pro Eilverfahren).
In Brandenburg hat die hohe Belastung der Sozialgerichtsbarkeit dank der Aktivitäten des Justizministeriums, allen voran seines Ministers Dr. Schöneburg, zu einer Vermehrung der Richterplanstellen in der ersten Instanz geführt. Bei den vier Sozialgerichten sind derzeit insgesamt 58 Richterinnen und Richter tätig. Ausgewiesen im Haushaltsplan sind nunmehr 72 Planstellen. Nachdem Anfang des Jahres bereits sechs Neueinstellungen vorgenommen werden konnten, werden derzeit zunächst weitere acht Neueinstellungen vorbereitet. Die absehbare Verbesserung der personellen Ausstattung im Richterbereich, aber auch im Nachfolgedienst, ist sehr erfreulich, aber auch notwendig.
Die Personalausstattung des Landessozialgerichts kann als zufrieden stellend bezeichnet werden. Derzeit unternehmen 53 bei dem Landessozialgericht tätige Richterinnen und Richter besondere Anstrengungen, teilweise überlange Verfahrensdauern zu verkürzen. Nicht zuletzt wegen der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte und auch des Brandenburgischen Verfassungsgerichts ist es eine vordringliche Aufgabe der Sozialgerichtsbarkeit, Verfahrensdauern in beiden Instanzen deutlich zu verkürzen. Die Sozialgerichtsbarkeit setzt große Hoffnungen in die gemeinsame Kommission der Justizministerkonferenz und der Konferenz der Arbeits- und Sozialministerien, die Vorschläge zur Entlastung und Effektivitätssteigerung in der Sozialgerichtsbarkeit erarbeitet und dabei auf zahlreiche Vorschläge aus der Gerichtspraxis zurückgreifen kann.
Die Auswirkungen der vor kurzem in Brandenburg verhängten Haushaltssperre auf die Bemühungen der Sozialgerichtsbarkeit, ihrer Belastung Herr zu werden, sind zurzeit noch nicht abschätzbar. Die von dem Ressort zu erbringende 20 %ige Einsparung bei den Sachmitteln wird sich auswirken auf Fortbildung und Ausstattung mit Arbeitsmitteln. Glücklicherweise geht die Haushaltssperre nicht einher mit einem Einstellungs- oder Beförderungsstopp.
In der Sozialgerichtsbarkeit wird in absehbarer Zeit ein Eingangsrückgang nicht zu erwarten sein. Bundespolitisch diskutierte Reformvorhaben und die geplanten Einschnitte im Bereich „Hartz IV“ lassen eher noch eine größere Inanspruchnahme der Sozialgerichte befürchten.
Zur Sicherheitslage an den Brandenburgischen Sozialgerichten hat Monika Paulat erklärt:
Die Sicherheit des Landessozialgerichts ist personell und baulich gewährleistet. An den vier Sozialgerichten gibt es deutliche Fortschritte zu verzeichnen, insbesondere bei dem Sozialgericht Frankfurt (Oder), dessen Eingangsbereich inzwischen umgebaut ist.
Hinweis:
Am 1. Juli 2010 wird das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg den 5. Jahrestag seiner Errichtung begehen. Aus diesem Anlass wird die Präsidentin des Landessozialgerichts in den Räumen der Hochschule für Film und Fernsehen „Konrad Wolf“ (Marlene-Dietrich-Allee 11, 14482 Potsdam) um 15.00 Uhr eine Podiumsdiskussion veranstalten. Der Präsident des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg, Jürgen Kipp, der Vorsitzende des Anwaltvereins Potsdam, Dr. Frank-Walter Hülsenbeck und der Richter am Sozialgericht Berlin Jens Heise, Mitglied des Hauptrichterrates Berlin und des Vorstandes der Neuen Richtervereinigung, werden zum Thema Richterliche Unabhängigkeit in Zeiten starker Arbeitsbelastung und langer Verfahrensdauer diskutieren. Moderiert wird die Diskussion von der Präsidentin des Sozialgerichts Berlin, Sabine Schudoma. Frau Paulat wird die Veranstaltung mit einer kurzen Ansprache eröffnen; die Justizstaatssekretäre von Berlin und Brandenburg (Hasso Lieber und Sabine Stachwitz) werden anwesend sein und Grußworte sprechen.
Pressevertreter sind zu dieser Veranstaltung eingeladen. Es wird gebeten, die Teilnahme vorher kurz telefonisch bei den Pressesprechern des Landessozialgerichts anzumelden.
Für Rückfragen:
Axel Hutschenreuther, Pressesprecher, Tel.: 0331 – 9818 – 4148 Sebastian Pfistner, stellv. Pressesprecher, Tel.: 0331 – 9818 – 4133 Mail: pressestelle@lsg.brandenburg.de