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Keine erneute Nutzenbewertung von Semaglutid im Anwendungsgebiet von Ozempic®/Rybelsus®

- Erschienen am 18.12.2024 - Presemitteilung 20241218

Urteil vom 13. Dezember 2024, Az. L 1 KR 267/22 KL: Der 1. Senat des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg hat entschieden, dass der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) für den Wirkstoff Semaglutid (Ozempic®/Rybelsus®) keine erneute Nutzenbewertung durchführen durfte. Der Senat hat daher die mit dem entsprechenden Beschluss des G-BA im Jahr 2021 vorgenommene Änderung der Anlage XII der Arzneimittel-Richtlinie für unwirksam erklärt.

Zum Hintergrund: Semaglutid wird zur Therapie des Diabetes mellitus Typ 2 und zur Gewichtsreduktion bei Adipositas angewendet. Der Wirkstoff ist auch in der sogenannten „Abnehmspritze“ Wegovy enthalten.

Seinen ursprünglichen Nutzenbewertungsbeschluss hatte der G-BA am 2. Mai 2019 gefasst. Darin hatte er zugunsten des klagenden Pharmaunternehmens festgestellt, dass das Arzneimittel Ozempic® (Fertigpen) für die Behandlung des Diabetes mellitus Typ 2 einen Zusatznutzen gegenüber einer (in dem Beschluss näher bezeichneten) Vergleichstherapie biete. Diese erste Nutzenbewertung war Grundlage für die Vereinbarung des Erstattungsbetrags, also desjenigen Betrags, zu dem der Pharmaunternehmer das Arzneimittel in Deutschland höchstens abgeben darf.

Im Jahr 2020 erhielt das Pharmaunternehmen die gesonderte Zulassung für das Arzneimittel Rybelsus® mit demselben Wirkstoff Semaglutid, brachte dieses aber in Deutschland bisher nicht in den Verkehr. Es handelt sich um eine Tablette, die im Wesentlichen denselben Anwendungsbereich wie Ozempic® hat. Im Hinblick auf die für Rybelsus® durchgeführte Zulassungsstudie entschied der G-BA, dass wegen neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse ein erneutes Nutzenbewertungsverfahren durchzuführen sei.

Mit dem Nutzenbewertungsbeschluss vom 15. April 2021 hob der G-BA sodann seinen früheren Beschluss auf und stellte nunmehr fest, ein Zusatznutzen von Semaglutid im Anwendungsgebiet von Ozempic®/Rybelsus® sei nicht belegt. Der 1. Senat des Landessozialgerichts hat mit seinem Urteil vom 13. Dezember 2024 entschieden, dass die erneute Nutzenbewertung nicht zulässig gewesen sei. Für den Beschluss aus dem Jahr 2021 fehle es an einer gesetzlichen Grundlage. Im Hinblick auf die Grundrechtsrelevanz für den pharmazeutischen Unternehmer müssten Inhalt, Zweck und Ausmaß einer erneuten Nutzenbewertung gesetzlich geregelt sein. Dies sei hier nicht der Fall gewesen.

Über den Erstattungsbetrag von Ozempic®/Rybelsus® dürfte nun von Neuem zu verhandeln sein.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Der Senat hat wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache die Revision zum Bundessozialgericht zugelassen.

Die schriftliche Begründung der Entscheidung liegt noch nicht vor. Sie wird demnächst als Anhang zu dieser Pressemitteilung auf der Internetseite des Landessozialgerichts veröffentlicht.

Zum rechtlichen Hintergrund:
Gemäß § 35a Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) bewertet der G-BA den Nutzen aller erstattungsfähigen Arzneimittel mit neuen Wirkstoffen. Hierzu gehört insbesondere die Bewertung des Zusatznutzens gegenüber der zweckmäßigen Vergleichstherapie, des Ausmaßes des Zusatznutzens und seiner therapeutischen Bedeutung.