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Zuschläge für Zytostatika & Co.: Landessozialgericht weist Klage gegen Schiedsspruch ab

- Erschienen am 21.08.2025 - Presemitteilung 20250821

Urteil vom 20. August 2025, Az. L 16 KR 423/22 KL: Der 16. Senat des
Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg hat in erster Instanz entschieden, dass der von
der Schiedsstelle für die Zubereitung u. a. von Zytostatika festgesetzte, den Apotheken zu
erstattende Herstellungszuschlag rechtmäßig ist. Der Zuschlag muss damit nicht – wie
vom Spitzenverband Bund der Krankenkassen (GKV-Spitzenverband) gefordert –
abgesenkt werden.


Zytostatika, monoklonale Antikörper und Folinate bilden eine zentrale Säule der
Krebstherapie. Apotheken erhalten von den gesetzlichen Krankenkassen für deren
Herstellung mittels parenteraler Zubereitungen (Infusionen) neben den üblichen
Apothekenzuschlägen einen gesonderten, pauschalen Zuschlag. Dieser Zuschlag dient
der Abdeckung der aufwändigen Herstellungsprozesse, der speziellen
Qualitätsanforderungen und der hohen Risiken bei der Verarbeitung dieser
Medikamente. Nachdem die seit dem Jahr 2014 geltende Regelung (Zuschläge zwischen
71 und 81 € sowie 39 € bei Folinaten) von Seiten der Apotheken gekündigt worden war,
konnten sich die Vertragsparteien nicht über die Höhe der neuen Zuschläge einigen. Die
zuständige Schiedsstelle setzte daher mit Wirkung vom 17. Oktober 2022 einen
einheitlichen Zuschlag von 100 € fest. Der sich daraus ergebende Differenzbetrag beläuft
sich auf Mehrkosten von jährlich etwa 400 Millionen €, die von den gesetzlichen
Krankenkassen zu tragen sind.


Gegen diesen Schiedsspruch hat der GKV-Spitzenverband als Vertreter der gesetzlichen
Krankenkassen geklagt. Auf der Grundlage eines seinerzeit im Auftrag des
Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie erstellten Gutachtens hält er einen deutlich
geringeren Arbeitspreis von 31 Euro bzw. 29 Euro pro applikationsfähiger Einheit für
angemessen.


Das Landessozialgericht hat die Klage nunmehr abgewiesen. Die Schiedsstelle habe den
ihr zugewiesenen Beurteilungsspielraum nicht überschritten und auch nicht gegen geltendes Recht verstoßen. Die (die Preisbildung aller verschreibungspflichtigen
Arzneimittel regelnde) Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV) benenne für parenterale
Lösungen zwar erheblich geringere als in dem beklagten Schiedsspruch festgesetzte
Apothekenzuschläge. Sie stelle allerdings nur eine Auffangregelung dar und bilde keine
absolute Preisgrenze für die Vereinbarung von Herstellungszuschlägen bzw. deren
Festsetzung durch Schiedsspruch. Die Schiedsstelle sei auch im Hinblick auf die
vorgelegten und sich widersprechenden Kostengutachten weder zu weiteren Ermittlungen
verpflichtet gewesen noch habe sie das Verfahren unfair betrieben. Der angefochtene
Schiedsspruch verstoße auch nicht gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot bzw. das
Rückwirkungsverbot.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Der Senat hat wegen der grundsätzlichen Bedeutung
der Sache (im Hinblick auf die entscheidungserhebliche Rechtsfrage, ob § 5 Abs. 6
AMPreisV eine Preisgrenze regle) die Revision zum Bundessozialgericht zugelassen.

Die schriftliche Begründung der Entscheidung liegt noch nicht vor.

Die maßgeblichen Vorschriften lauten:

§ 129 Abs. 5c Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V), auszugsweise:
Für Zubereitungen aus Fertigarzneimitteln gelten die Preise, die zwischen der mit der
Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen gebildeten maßgeblichen
Spitzenorganisation der Apotheker und dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen
auf Grund von Vorschriften nach dem Arzneimittelgesetz vereinbart sind (Satz 1). Für
parenterale Zubereitungen aus Fertigarzneimitteln in der Onkologie haben die
Vertragspartner nach Satz 1 die Höhe der Preise nach Satz 1 neu zu vereinbaren (Satz
2). Kommt eine Vereinbarung nach Satz 1 oder 2 ganz oder teilweise nicht zustande,
entscheidet die Schiedsstelle nach Absatz 8 (Satz3).

§ 5 Abs. 6 AMPreisV:
Besteht keine Vereinbarung über Apothekenzuschläge für die Zubereitung von Stoffen
nach Absatz 5 Satz 1 oder Satz 2, beträgt der Zuschlag für parenterale Lösungen
abweichend von Absatz 1 oder Absatz 3 für (1.) zytostatikahaltige Lösungen 90 Euro,
(2.) Lösungen mit monoklonalen Antikörpern 87 Euro,…..(6.) Calciumfolinatlösungen
51 Euro.

Für Rückfragen:
RLSG Dr. Thomas Drappatz, Pressesprecher
Tel.: 0331/9818 – 4131
E-Mail: pressestelle@lsg.brandenburg.de

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Ident-Nr
20250821
Datum
21.08.2025