Sturz bei der Reha-Nachsorge: Patientin ist nicht unfallversichert
- Erschienen am - PresemitteilungAz. L 21 U 180/21, Urteil vom 11. Januar 2024: Der 21. Senat des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg hat sich in seiner Entscheidung mit der Frage befasst, ob eine Reha-Patientin unfallversichert ist, wenn sie auf dem Heimweg von einer Maßnahme der Nachsorge stürzt und sich dabei verletzt.
Die seinerzeit 55-jährige Klägerin führte im Frühjahr 2018 eine mehrwöchige stationäre medizinische Behandlung in einer Rehabilitationsklinik durch. Diese Reha-Maßnahme war ihr von der Deutschen Rentenversicherung gewährt worden, um ihre Berufsfähigkeit aufrechterhalten bzw. wiederherstellen zu können. Kurz vor Beendigung der Reha zog sich die Patientin bei einer Faszien-Therapie ein behandlungsbedürftiges Hämatom zu, so dass sie die stationäre Reha abbrechen musste und im Folgenden im Einvernehmen mit der Rentenversicherung ambulante Leistungen zur „intensivierten Rehabilitationsnachsorge“ (IRENA) in Anspruch nahm. Am 16. Oktober 2018 kollidierte die Patientin auf ihrem Heimweg vom IRENA-Sport mit einer Radfahrerin, stürzte und zog sich Prellungen der Wirbelsäule, des Knies und der Wade zu.
Die Berufsgenossenschaft lehnte es ab, den Sturz der Patientin als Arbeitsunfall anzuerkennen und für ihre ärztliche Behandlung aufzukommen. Unter den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung fielen keine Leistungen, die erst nach Abschluss der medizinischen Rehabilitation als „sonstige Leistung“ erbracht würden. Die hiergegen gerichtete Klage vor dem Sozialgericht Potsdam blieb ohne Erfolg.
Auf die daraufhin von der Klägerin eingelegte Berufung hat der 21. Senat des Landessozialgerichts mit seinem Urteil vom 11. Januar 2024 die Entscheidung des Sozialgerichts bestätigt. Er hat ausgeführt, dass das Ereignis vom 16. Oktober 2018 keinen Arbeitsunfall darstelle. Zwar sehe das Gesetz für Teilnehmende an Leistungen zur stationären, teilstationären oder ambulanten medizinischen Rehabilitation Unfallversicherungsschutz vor (§ 2 Abs. 1 Nr. 15a SGB VII). Anders sei dies jedoch für Maßnahmen zur Nachsorge, wie die hier in Rede stehenden IRENA-Leistungen. Diese stellten insbesondere keine „ambulante Rehabilitation“ dar und würden vom Gesetzeswortlaut nicht erfasst. Bereits aus der Gesetzesbegründung werde deutlich, dass die Nachsorge auch nicht einer ambulanten Reha-Maßnahme gleichgestellt werden könne. Die Gesetzgebungsmaterialien enthielten auch keine Anhaltspunkte für eine (unbeabsichtigte) Regelungslücke. Überdies seien bei einer ambulanten und - erst recht - bei einer stationären Reha-Maßnahme die zeitliche Bindung und Verweildauer des Patienten in der Sphäre der Reha-Einrichtung und mithin die Unfallgeneigtheit deutlich höher als bei der Nachsorge, die lediglich die Teilnahme an vergleichsweise kurzen Terminen in zeitlich loser Abfolge erfordere. Auch unter dem Gesichtspunkt des Schutzzwecks der Norm sei es daher gerechtfertigt, den gesetzlichen Versicherungstatbestand restriktiv auszulegen.
Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Der Senat hat wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache die Revision zugelassen.
Die schriftliche Urteilsbegründung liegt noch nicht vor. Sie wird als Anhang zu dieser Pressemitteilung veröffentlicht, sobald sie den Beteiligten zugestellt wurde.
Zum rechtlichen Hintergrund:
Nach § 2 Abs. 1 Nr. 15a Sozialgesetzbuch Siebtes Buch (SGB VII) sind kraft Gesetzes Personen unfallversichert, die „auf Kosten einer Krankenkasse oder eines Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung oder der landwirtschaftlichen Alterskasse stationäre oder teilstationäre Behandlung oder stationäre, teilstationäre oder ambulante Leistungen zur medizinischen Rehabilitation“ erhalten.
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RLSG Dr. Thomas Drappatz, Pressesprecher,
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