Ehemaliger Präsident des Deutschen Anwaltvereins unterfällt der Sozialversicherungspflicht
- Erschienen am - PresemitteilungDer ehemalige Präsident des Deutschen Anwaltvereins (DAV) war mit dieser Tätigkeit abhängig beschäftigt und nicht ehrenamtlich tätig. Er war damit in der gesetzlichen Renten- und Arbeitslosenversicherung pflichtversichert, so dass Beiträge zur Sozialversicherung gezahlt werden müssen. Das hat das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg entschieden (Urteil vom 9. Oktober 2025, Aktenzeichen L 14 BA 39/24).
Der Kläger ist als selbständiger Rechtsanwalt und Notar tätig. Er ist Mitglied des DAV und wurde im Jahr 2015 von der Mitgliederversammlung zu dessen Präsidenten gewählt. Er übte das Amt vom 1. Juni 2015 bis zum 1. März 2019 aus. Für die Wahrnehmung seiner Aufgaben als Präsident zahlte ihm der DAV eine monatliche „Aufwandsentschädigung“.
Im Juli 2018 beantragte der DAV die Prüfung des Sozialversicherungsstatus. Die hierfür zuständige Deutsche Rentenversicherung Bund (DRV Bund) kam zu dem Ergebnis, der Kläger übe als Präsident des DAV ein Beschäftigungsverhältnis aus. Hiergegen klagte der Präsident vor dem Sozialgericht Berlin. Er vertrat die Auffassung, keiner sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung nachzugehen, sondern ein ehrenamtliches Wahlamt auszuüben. Seine Klage vor dem SG blieb ohne Erfolg.
Der 14. Senat des Landessozialgerichts hat mit seinem Urteil vom 9. Oktober 2025 die Entscheidung der ersten Instanz bestätigt. Der Kläger sei in den Betrieb des DAV arbeitsteilig eingegliedert und in die satzungsgemäße Ordnung eingebunden gewesen. Ihm habe die Gesamtverantwortung für die laufenden Geschäfte oblegen. Bei der Erfüllung seiner Aufgaben sei er den Entscheidungen der Mitgliederversammlung und des Präsidiums unterworfen gewesen, so dass er ihm nicht genehme Beschlüsse nicht habe verhindern können. Es habe auch kein die Versicherungspflicht ausschließendes Ehrenamt vorgelegen. Der Kläger habe nicht unentgeltlich bzw. nur gegen einen Aufwendungsersatz ideelle Zwecke verfolgt. Vielmehr sei ihm für seine Tätigkeit ein monatlicher Betrag zugewandt worden, der oberhalb der Beitragsgrenze für Gutverdiener in der Sozialversicherung liegt, so dass der Erwerbszweck in den Vordergrund tritt. Dass
das Wahlamt des Präsidenten daneben auch aus selbstlosen Motiven ausgeübt worden sei und die Tätigkeit im Interesse der Vereinsmitglieder gelegen habe, schließe es nicht
aus, eine versicherungs- und beitragspflichtige Beschäftigung anzunehmen. Dies gelte jedenfalls dann, wenn auch allgemeine Verwaltungstätigkeiten ausgeübt und mitvergütet
würden. Dies sei vorliegend der Fall gewesen.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Der Senat hat die Revision nicht zugelassen. Der Kläger kann beim Bundessozialgericht die Zulassung der Revision beantragen.
Zum Hintergrund:
Im Deutschen Anwaltverein sind rund 65.000 Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte organisiert. Sein satzungsmäßiger Zweck ist die Wahrung, Pflege und Förderung der
beruflichen und wirtschaftlichen Interessen der Rechtsanwaltschaft und des Anwaltsnotariats. Sein Ziel ist die Zusammenfassung aller Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte in Deutschland und aller deutschen Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte im Ausland.
Die DRV Bund trifft auf Antrag in sog. Statusfeststellungsverfahren Feststellungen zum Erwerbsstatus und entscheidet, ob bei einem Auftragsverhältnis eine Beschäftigung
oder eine selbständige Tätigkeit vorliegt (§ 7a Viertes Buch Sozialgesetzbuch). Nach einer bis zum 31. März 2022 geltenden Gesetzesfassung hatte die DRV Bund zu
entscheiden, ob eine Versicherungspflicht in den einzelnen Zweigen der Sozialversicherung besteht.
Für Rückfragen:
Richter am Landessozialgericht Dr. Thomas Drappatz, Pressesprecher
Tel.: 0331/9818 – 4131
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