Toolbar-Menü

Erhebliche Belastung mit „Hartz IV“ – Sachen; aktuelle Entscheidung zum Arbeitslosengeld 2

- Erschienen am 19.08.2005 - Presemitteilung 20060819

Das am 1. Juli 2005 neu errichtete Landessozialgericht Berlin – Brandenburg hat einen erheblichen Zuwachs an Arbeitsbelastung zu verkraften. Wie auch die Sozialgerichte erster Instanz muss das Gericht inzwischen in vielen Fällen über Streitigkeiten aus dem Umfeld der „Hartz IV“ – Gesetzgebung entscheiden. Die hieraus resultierende Belastung der Sozialgerichtsbarkeit war aktuell auch Gegenstand einer Kleinen Anfrage im Landtag Brandenburg vom 8. August 2005.

Die „Hartz IV“ - Streitigkeiten sind oftmals nicht nur besonders schwierig, sondern aufgrund der existentiellen Bedeutung der Angelegenheiten für die Kläger auch besonders eilbedürftig, was ein am 16. August 2005 vom 5. Senat des Gerichts gefasster Beschluss zeigt:

Hier wandte sich eine Bürgerin gegen die Entscheidung des JobCenters Neukölln, ihr ab dem 1. Januar 2005 kein Arbeitslosengeld 2 zu bewilligen. Die 41-jährige Klägerin unterzieht sich seit Mitte 2004 einer Weiterbildung zur staatlich anerkannten Altenpflegerin, welche von der zuständigen Arbeitsagentur durch Übernahme des Schulgeldes in Höhe von über 6.000 Euro unterstützt wird. Bis Ende 2004 hatte die Klägerin zur Bestreitung ihres Lebensunterhalts Sozialhilfe erhalten. Der JobCenter lehnte die Bewilligung von Arbeitslosengeld 2 ab, weil die Klägerin für die Weiterbildung grundsätzlich BAföG-berechtigt sei; dass sie für die Bewilligung von BAföG zu alt sei, spiele keine Rolle. Die ansonsten mittellose Klägerin sah sich nun in der Situation, nur dann Arbeitslosengeld 2 beanspruchen zu können, wenn sie ihre Weiterbildung aufgibt, worin sie angesichts ihrer Bemühungen, sich für den Arbeitsmarkt zu qualifizieren, ein paradoxes Ergebnis sah.

Nachdem zunächst das Sozialgericht Berlin die Haltung des JobCenters in einem Beschluss vom Mai 2005 bestätigt hatte, korrigierte das Landessozialgericht diese Entscheidung und verpflichtete den JobCenter Neukölln zur Erbringung von Arbeitslosengeld 2, damit die Klägerin ihre Weiterbildung nicht abbrechen müsse. Das Gericht sah die Ablehnung der Bewilligung von Arbeitslosengeld 2 vor allem deshalb als rechtswidrig an, weil die Weiterbildung der Klägerin durch einen Bildungsgutschein der Arbeitsagentur gefördert wird und eine Ablehnung der Hilfe zum Lebensunterhalt diese Förderung unterlaufe. Außerdem erkannte das Gericht im Verfahren des JobCenters eine schwere Missachtung der Rechte der Klägerin, weil sie vor der Ablehnung nicht angehört wurde und der ablehnende Bescheid nicht einmal begründet war.

(LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 16. August 2005, L 5 B 52/05 AS ER)

Für Rückfragen:

Richter am LSG Dr. Konrad Kärcher, stellvertretender Pressesprecher Tel.: 0331 – 9818 – 4126/4148