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Praxissoftware für Ärzte muss frei von manipulativer Werbung sein

- Erschienen am 02.03.2009 - Pressemitteilung 20090302

Der 7. Senat des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg hat sich jüngst in zwei Eilentscheidungen mit der Problematik der Arzneimittelwerbung in der von Ärzten genutzten Praxissoftware befasst. Antragsteller waren jeweils Softwarehersteller, die gravierende wirtschaftliche Verluste geltend machten, sollten sie ihr Geschäftskonzept nicht wie bislang fortführen können.

Ärzte nutzen Computersoftware unter anderem zur Verordnung von Arzneimitteln. Bislang war Werbung im Rahmen dieser Software ohne Einschränkung erlaubt. Ihre Einnahmen erzielten die Hersteller dieser Software vor allem über ihre Werbekunden (Pharmahersteller), auf deren Produkte der Arzt bei Nutzung der Software auf vielfältige Weise hingewiesen wurde.

Eine neue gesetzliche Regelung sieht nun vor, dass nur solche Software in Arztpraxen zum Einsatz kommen darf, die von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) zertifiziert worden ist. Das Gesetz will damit erreichen, dass Ärzten die Verordnung von Arzneimitteln manipulationsfrei möglich ist. In Ausführung der gesetzlichen Vorgaben haben die KBV und die Spitzenverbände der Krankenkassen einen Anforderungskatalog erstellt, der für Werbung bestimmte Pflichtfunktionen aufführt; Werbung darf nur noch in Form gesonderter, direkt erkennbarer und mit einer einzigen Aktion entfernbarer Werbefenster in Praxissoftware enthalten sein; hinter einer Werbung darf keine Funktion hinterlegt sein, die unmittelbar zu einer Arzneimittelverordnung führt; Werbung und Programmfunktionalität sind damit strikt zu trennen.

In einem Beschluss vom 24. Oktober 2008 (L 7 B 57/08 KA ER) hat der 7. Senat entschieden, dass die gesetzliche Pflicht zur Zertifizierung nicht zu beanstanden und insbesondere verfassungsgemäß ist. Der gegebene Eingriff in die Berufsfreiheit der Softwarehersteller sei gerechtfertigt, weil der Gebrauch manipulationsfreier Praxissoftware durch Vertragsärzte einen erheblichen Gemeinwohlbelang darstelle, zumal in der Vergangenheit Praxissoftware auf dem Markt gewesen sei, die stark manipulativ auf den Prozess der Verordnung von Arzneimitteln gewirkt habe, indem einseitig Produkte einzelner Pharmahersteller in den Vordergrund geschoben worden seien.

In einem Beschluss vom 17. Februar 2009 (L 7 B 115/08 KA ER) hat der 7. Senat diese Rechtsprechung ausgeweitet und die Ablehnung der Zertifizierung einer bestimmten Praxissoftware für rechtmäßig erklärt. Die fragliche Software verstieß mit einigen Funktionen gegen das Verbot der Vermengung von Werbung und Programm. Im Lichte des dem Recht der Krankenversicherung innewohnenden Wirtschaftlichkeitsgebots erscheine das gesetzgeberische Anliegen, den Vorgang der ärztlichen Verordnung von Arzneimitteln von werblicher Einflussnahme strikt zu trennen, „geradezu zwingend“.

Info:

Das gemeinsame Landessozialgericht als Berufungs- und Beschwerdeinstanz besteht seit dem 1. Juli 2005. Zu den gemeinsamen Einrichtungen der Länder Berlin und Brandenburg, darunter vier Obergerichte, siehe www.berlin-brandenburg.de/Gemeinsame Gerichte.

Für Rückfragen:

Dr. Konrad Kärcher, Pressesprecher, Tel.: 0331 – 9818 – 4126 Axel Hutschenreuther, stellv. Pressesprecher, Tel.: 0331 – 9818 – 4148 Mail: pressestelle@lsg.brandenburg.de